Von Monika Berger, Georg Schielke, Serge Reichlin und Martina Leser
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Im Sommer dieses Jahres ist die Barmelweid von der European Foundation for Quality Management (EFQM) – zum zweiten Mal in Folge – mit fünf Sternen ausgezeichnet worden. Damit gehört die Klinik zu den besten Spitälern der Schweiz. Dieser Erfolg kommt nicht von ungefähr: Es ist ein gemeinsamer Erfolg aller Mitarbeitenden. Im Gespräch erzählen Pflegedienstleiterin und Lean Health Care Coach Monika Berger, Qualitätsmanager Georg Schielke und CEO Dr. med. Serge Reichlin, was das Unternehmen Barmelweid auszeichnet.
Zum zweiten Mal in Folge fünf Sterne! Auch 2022 ist die Barmelweid von der European Foundation for Quality Management (EFQM) mit fünf Sternen ausgezeichnet worden und gehört damit zu den besten Spitälern der Schweiz. Dass die Barmelweid auch dieses Mal wieder fünf Sterne erhalten hat, das ist ein gemeinsamer Erfolg aller Mitarbeitenden. Pflegedienstleiterin und Lean Health Care Coach Monika Berger, Qualitätsmanager Georg Schielke und CEO Dr. med. Serge Reichlin erzählen im Gespräch, was das Unternehmen Barmelweid auszeichnet.
Zum zweiten Mal in Folge fünf Sterne! Wie hat die Barmelweid das geschafft?
Serge Reichlin: Das Wichtigste sind die motivierten Mitarbeitenden, denn dieser Erfolg ist ein Erfolg aller Mitarbeitenden. Nur dadurch, dass alle dieselben Ziele verfolgen und alle – kleineren und grösseren – Zahnräder ineinandergreifen, sind die fünf Sterne realisierbar gewesen. Schaut man in den Assessorenbericht, so verdankt die Barmelweid die gute Bewertung vor allem einer ganz klar definierten Qualitätsstrategie, der Ausrichtung an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten, dem Streben nach Exzellenz, vorausschauendem Denken und Handeln, dem erfolgreichen Einsatz von Elementen des Lean Managements und einer Unternehmenskultur, die geprägt ist von Offenheit, Erreichbarkeit der Vorgesetzten und vertrauensvoller Zusammenarbeit. Ein weiteres Plus ist der Einsatz der Klinik für die Umwelt und im sozialen Bereich.
Können wir ein wenig mehr über die «klar definierte Qualitätsstrategie» erfahren?
Georg Schielke: Unser Ziel ist die Qualitätsführerschaft in unseren Angeboten. Wir überprüfen laufend unsere Strukturen und Prozesse daraufhin, ob wir damit die bestmöglichen Dienstleistungen für unsere Patientinnen und Patienten erbringen können. Die Optimierung des Behandlungspfads steht dabei im Zentrum. Wir haben zu diesem Zweck Wirkungsmodelle erarbeitet, die uns helfen, diejenigen Faktoren zu identifizieren, die den grössten Einfluss auf den Behandlungserfolg haben. Diese versuchen wir dann aktiv zu steuern. Den Behandlungserfolg, aber auch die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten mit unseren Dienstleistungen, messen wir kontinuierlich, überprüfen Abweichungen von den definierten Zielen und leiten daraus Massnahmen zur Verbesserung unserer Dienstleistungsqualität ab.
Auf der Barmelweid stehen die Patientinnen und Patienten im Zentrum. Woran lässt sich dies besonders gut erkennen?
Monika Berger: Besonders gut erkennen lässt sich das zum Beispiel daran, dass die Mitarbeitenden der Pflege täglich regelmässige Besuche bei den Patientinnen und Patienten machen. Dieses Lean-Element ist als «Safety-Runde» bekannt und sorgt für Sicherheit und Wohlbefinden. Diese Besuche, oder eben Runden, werden nach einem Standardablauf durchgeführt, der sicherstellt, dass nichts vergessen geht und die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten aktiv erfragt werden. Die Patientinnen und Patienten gewöhnen sich schnell an diese Routine und können so aktiver mitreden.
Ein weiteres Merkmal, an dem zu erkennen ist, dass die Patientinnen und Patienten im Zentrum stehen, ist unser Wille, uns stetig zu verbessern. Die bei uns als Standard eingeführte Kaizen-Methode hilft uns dabei auch, Ideen der Patientinnen und Patienten systematisch in unser Tun zu überführen. Im Weiteren stellen wir uns bei allen Prozessen, die wir neu definieren, ändern, oder abschaffen, einerseits die Frage, welche Auswirkungen dies auf die Patientinnen und Patienten hat und nehmen andererseits deren Sichtweise ein. Auch haben wir die Befragung der Patientinnen und Patienten beim Entwickeln neuer Abläufe als wichtigen Aspekt erkannt und führen regelmässig Interviews mit ihnen durch.
Georg Schielke: Eine Stärke ist zudem unser gut funktionierendes Beschwerdemanagement. Beschwerden erfassen wir systematisch und schnell und bearbeiten sie mit grosser Kompetenz prompt und zielgerichtet. Die Rückmeldungen unserer Patientinnen und Patienten zeigen, dass sie mit der Barmelweid insgesamt sehr zufrieden sind und ihnen die schnelle Reaktion, wenn es irgendwo Schwierigkeiten gibt, sehr positiv in Erinnerung bleibt.
Gemäss Assessorenbericht ist die «offene Unternehmenskultur und die gute Erreichbarkeit der Vorgesetzten» eine Stärke der Barmelweid. Was heisst das genau?
Serge Reichlin: Ganz generell: Auf der Barmelweid macht das Arbeiten Freude: Die Hierarchien sind flach, die Mitarbeitenden sind per Du und wir ziehen gemeinsam an einem Strick, um Patientinnen und Patienten optimal zu behandeln und uns als Organisation bestmöglich weiterzuentwickeln. Dem Thema Führung (bzw. engl. Leadership) messen wir eine grosse Bedeutung zu. Daher haben wir ein spezifisches Programm entwickelt, das unseren jungen, aber auch erfahrenen, Führungspersonen hilft, sich weiterzuentwickeln.
Georg Schielke: Die Assessoren haben uns bestätigt, dass die Kultur der Barmelweid geprägt ist von Offenheit, Erreichbarkeit der Vorgesetzten und vertrauensvoller Zusammenarbeit. Durch die Einführung von Lean-Elementen werden die Mitarbeitenden der Barmelweid ermutigt, ihre Erfahrungen aktiv in Verbesserungsvorschläge in ihrem Arbeitsgebiet einzubringen. Diese können dann niederschwellig getestet und bei Erfolg in der ganzen Klinik realisiert werden. Diese offene Lernkultur, die auf Freundlichkeit, Offenheit, Augenhöhe, Hilfsbereitschaft und Respekt sowie Lösungsorientierung grossen Wert legt, hilft der Barmelweid, bei Bedarf schnell und flexibel zu reagieren.
Was lässt sich über den Einsatz der Barmelweid für die Umwelt sagen?
Georg Schielke: Wir entwickeln den Standort Barmelweid, wo immer möglich, in Einklang mit der Natur weiter. In Zusammenarbeit mit dem Naturama Aargau, ProSpecieRara und dem Forstamt Küttigen-Erlinsbach wird auf der Barmelweid seit 2007 der Naturpark Barmelweid realisiert, in welchem wir standorttypische Pflanzen und Tiere fördern. Durch den Naturpark und den Anschluss an das Jura-Wanderwegenetz ist die Barmelweid auch ein attraktives Ausflugsziel und Naherholungsgebiet für die Bevölkerung.
Unsere Wärmeversorgung haben wir auf CO2-neutrale Energieträger umgestellt. Seit Mitte 2018 heizen und kühlen wir primär via Erdsonden. Bereits 2016 haben wir ein Mobilitätsreglement erstellt. Etwa die Hälfte der Mitarbeitenden kommt seither mit dem ÖV zur Arbeit. Bei der täglichen Arbeit vermeiden wir unnötige Umweltbelastungen und setzen Materialien und Produkte verantwortungsbewusst ein, so engagieren wir uns z.B. auch gegen Food Waste.
Wie sieht es für die nächste Evaluation aus – schafft die Barmelweid dann sogar sechs Sterne? Woran will die Klinik in den nächsten Jahren besonders arbeiten?
Serge Reichlin: Es ist immer gut, nach (sechs) Sternen zu greifen. Aus dem Assessorenbericht konnten wir einen ganzen Strauss von Massnahmen ableiten, die wir in den nächsten Monaten und Jahren schrittweise umsetzen werden. Das wird die Organisation verbessern und die Qualität für Patientinnen und Patienten weiter steigern. Ob es dann für einen sechsten Stern reicht, werden wir sehen.
*Der Begriff Lean-Spital leitet sich aus dem Lean Management ab und ist dessen Adaptierung an die Spitalwelt. Lean bedeutet «schlankes Management» und ist sowohl eine Philosophie als auch ein System von Methoden, die in ihrer Anwendung im Spital Leistungen auf Patientinnen und Patienten ausrichten und optimieren. Lean vereint Führung, Teamarbeit und Problemlösung miteinander und will die Mitarbeitenden befähigen, ihre Arbeitsbereiche selbständig zu führen und Probleme vor Ort zu lösen. Durch kontinuierliche Verbesserungen – sogenannte «Kaizen» – versuchen wir Verschwendungen zu eliminieren, Überflüssiges zu vermeiden und Prozesse so zu optimieren, dass sie perfekt miteinander harmonieren.