«Ich wüsste nicht, wie mein Leben ohne Leistungssport aussehen würde»

Von Martina Leser
Lesedauer: 4 Minuten

Im August 2022 hat Mesuna Okubamichael auf der Barmelweid seine KV-Lehre begonnen. Seine Lehre führt ihn durch verschiedene Abteilungen und ermöglicht ihm damit eine abwechslungsreiche Ausbildung. Das ist wichtig für ihn – mindestens genauso wichtig ist ihm aber sein Sport, die Leichtathletik. Mesuna gehört zu den besten 400- und 800-Meter-Sprintern seiner Altersklasse. Trotzdem bleibt er sympathisch-bodenständig und nimmt es Step-by-Step.  

Mesuna ist 17, hat vor kurzem seine KV-Lehre auf der Barmelweid begonnen und hat ein Hobby, dem er sich mit vollem Einsatz und viel Herzblut widmet: Der Leichtathletik. In den Langsprint-Disziplinen 400- und 800-Meter gehört er zu den besten seiner Altersklasse. Geplant war eine Karriere in der Leichtathletik jedoch nicht, denn ursprünglich wollte Mesuna Fussballprofi werden: «Nach vier Jahren beim FC Rohr konnte ich ein Probe-Training beim FC Aarau machen und wurde danach in die Mannschaft aufgenommen. Nach eineinhalb Jahren dann aber kam die Ernüchterung: Mein Traum, Fussballprofi zu werden, platzte, da ich körperlich nicht stark genug war.»

Diese Niederlage nagte eine Zeit lang an Mesuna, doch Aufgeben war für ihn keine Option. 2020, als die erste Corona-Welle über die Schweiz rollte und die Schulen geschlossen wurden, machte er jeden Tag für sich selbst Workouts und ging alleine im Wald joggen. Als die Schulen dann kurz vor den Sommerferien wieder geöffnet wurden, erstaunte Mesuna im Sportunterricht den Trainer der BTV Aarau Athletics, der nebenan mit seinen Schützlingen trainierte: Mesuna lief den Kilometer in unter drei Minuten (2:57). «Der Leichtathletik-Trainer hatte mich beobachtet und gemerkt, dass ich schnell unterwegs war. Er kam nach dem Lauf zu mir und lud mich zum Probetraining ein, das war mein Start in die Leichtathletik», erzählt Mesuna.

Nach dem Einstieg direkt bis ins Finale der Schweizermeisterschaft
Und der Einstieg in die Leichtathletik glückte Mesuna: Nach zwei Monaten Training kam die Schweizermeisterschaft und er schaffte es direkt ins Finale des 600 Meter-Laufs, den es in seiner damaligen Altersklasse gab. Ein unerwarteter Erfolg, der Mesuna motivierte, weiterzumachen. Seither ist er jedes Jahr bis in die Finalläufe gekommen. Aktuell trainiert er sechsmal pro Woche und bestreitet an vielen Wochenenden, vor allem zwischen April und September, Wettkämpfe. Zum Training sagt er: «Generell trainiere ich lieber in den warmen Monaten, denn in den kalten Monaten sind die Trainingsläufe mit 10 bis 15 Kilometern meist länger und härter».

Mesuna Okubamichael im Element: Die Leichtathletik ist sein neues Zuhause geworden.

Auch auf der Barmelweid trainiert Mesuna, wenn er neben seiner Ausbildung Zeit hat. «Die Barmelweid ist nicht nur ein schöner Arbeitsort, sondern auch genial zum Trainieren», sagt er, «denn hier oben kann ich einfach loslaufen und im Wald, der direkt vor der Türe ist, die Grundausdauer ausbauen». Die Grundausdauer ist vor allem beim 800-Meter-Lauf wichtig, bei dem man seine Kräfte gut einteilen muss. «Bei den 400 Metern gibst du einfach Vollgas, bei den 800 Metern musst du gut überlegen, wie du deine Kräfte einteilen willst», weiss Mesuna. Je nach Teilnehmerfeld verfolgt Mesuna jeweils eine spezielle Strategie.

«Der 400-Meter-Lauft ist härter, aber trotzdem mag ich ihn lieber»
Auf die Frage hin, ob er eine der beiden Disziplinen lieber mag, überlegt Mesuna kurz und sagt dann:«Der 400-Meter-Lauft ist härter, aber trotzdem mag ich ihn lieber». Die 400 Meter schafft er momentan in 51 Sekunden, für die 800 Meter braucht er um die 2 Minuten. Da er wegen der Lehre zurzeit etwas weniger trainiert und sich zudem im letzten Winter verletzt hat, ist er noch nicht ganz wieder zurück auf dem Niveau, auf dem er gerne wäre. Trotzdem nimmt er es Step-by-Step: «Mein Ziel ist es, in beiden Disziplinen wieder unter die besten Zehn zu kommen – dafür will ich auch hart arbeiten – aber noch wichtiger ist es mir momentan, meine Lehre erfolgreich zu meistern».

Im KV auf der Barmelweid kann Mesuna in diversen Abteilungen sein Wissen vertiefen. «Dass die Lehre so abwechslungsreich ist, motiviert mich sehr», sagt er, «das war auch einer der Gründe, weshalb ich mich nach mehreren Schnupperlehren schlussendlich für die Barmelweid entschieden habe». An seiner Arbeit auf der Barmelweid schätzt Mesuna zudem, dass er sehr eigenständig arbeiten kann und dass er ein gutes Team im Rücken hat, das ihm bei Fragen oder Problemen mit Rat und Tat zur Seite steht.

Mesuna Okubamichael an seinem Arbeitsplatz auf der Barmelweid. Die KV-Lehre gefällt ihm gut.

Ein harter Anfang in der Schweiz
Dass Mesuna in der Schweiz leben würde, das stand nicht von vornherein fest. Als er acht Jahre alt war, flüchteten seine Eltern mit ihm aus Eritrea in die Schweiz. Der Anfang war hart, denn Mesuna musste zuerst die Sprache lernen, bis es mit dem Freundschaften-Schliessen klappte. Heute hat er einen tollen Freundeskreis, aus dem manchmal aber auch die Frage kommt: «Ist das Sprinten nicht langweilig?» «Nein», antwortet der Sportler dann jeweils gelassen darauf, «und ich wüsste auch gar nicht, wie mein Leben ohne Leistungssport aussehen würde. Für mich ist die Leichtathletik kein komischer Sport, sondern mein Leben.»

Dass er beides, die Lehre und den Sport, unter einen Hut bringt, verdankt er seiner guten planerischen Fähigkeit. Er sagt dazu: «Ich konnte schon immer gut planen, kann mich immer wieder selbst motivieren und denke fast immer positiv, das kommt mir bei der Bewältigung des Alltags und des Sports zugute». Wir wünschen Mesuna weiterhin viel Erfolg – egal ob in der Lehre oder im Sport. Und: Wir drücken natürlich die Daumen für die nächste Saison!

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