Von Martina Leser
Sich im Flow erleben können – dies ist eines der Ziele, die unsere Kunst- und Ergotherapien unter anderem verfolgen. Doch was ist mit dem «Flow-Erleben» eigentlich genau gemeint? Warum ist der «Flow» so wichtig und wie kommen Patientinnen und Patienten überhaupt in diesen Zustand? Und wie hilft er unseren Therapeutinnen und Therapeuten persönlich, Kraft für Ihre Arbeit auf der Barmelweid zu tanken?
Wer in diesen Tagen durch die Ausstellung «Irgendwo zwischen Farbe, Form und Leichtigkeit« in der Galerie Barmelweid schlendert und die Werke unserer Kunst- und Ergotherapeuten etwas genauer betrachtet, der merkt sehr schnell, dass hinter den fertigen Bildern meist ein langer künstlerischer Prozess steckt. Manchmal ist dieser Prozess vorausgedacht, geplant, gelenkt – oft entsteht er aber genau erst durch die und während der Auseinandersetzung einer Künstlerin, eines Künstlers, mit den vorhandenen Materialien. «Viele Stunden vertiefter Arbeit stecken hinter jedem meiner Bilder», erklärt uns Jörg Schumann, Leiter Ergo- und Kunsttherapie, auf Anfrage. Er selbst ist mit einer konkreten Idee an seine Serie zum Thema «Leichtigkeit in der Schwere der Coronazeit» herangegangen, während sich Kunst- und Ergotherapeutin Katharina Sandreuther bei ihren Schichtbildern beispielsweise ganz vom Prozess hat treiben lassen.
Was den verschiedenen Herangehensweisen gemein ist, ist der «Flow» – ein Zustand, der sich bestenfalls während des Schaffensprozesses einstellt und das vollkommene Aufgehen in der momentanen Tätigkeit bedeutet. Im Flow löst sich die zeitliche Orientierung auf und die Künstler befinden sich in einem Prozess, der etwas Heilsames in sich birgt. Während andere den Flow im Sport oder in der Musik erleben, sind es hier Farben, Formen, Pinsel oder Kohlestift, die unsere Therapeutinnen und Therapeuten Raum und Zeit vergessen lassen.
«Diesen Flow erleben können ist auch ein wichtiger Teil unserer Therapie. Damit unsere Patientinnen und Patienten diesen Zustand erreichen können, versuchen wir, sie dazu zu bringen, ‚den Kopf abzuschalten‘ und sich voll und ganz einer kreativen Tätigkeit hinzugeben. Denn im Flow sein bedeutet sich zu vertiefen, ganz bei sich zu sein und somit weit weg von Belastungen und Schmerzen», so Jörg Schumann. «Dabei ist auch wichtig zu wissen, dass in jedem Menschen Kreativität steckt! In der Therapie versuchen wir diese wichtige Ressource zu aktivieren, denn wir brauchen sie, um bestimmte Lebensereignisse kreativ zu bewältigen», erklärt er weiter.
Der Kunst- und Ergotherapeut weiss aber auch, dass sich seine Kolleginnen und er sich mit dem Zeigen ihrer persönlichen Werke verletzlich machen. Trotzdem ist es dem Team wichtig, sich auch von seiner persönlichen Seite zeigen zu dürfen. Jörg Schumann erklärt: «Jeder Künstler, der sich der Öffentlichkeit zeigt macht sich auch angreifbar. Wir sind aber mutig und zeigen uns – und das geben wir auch unseren Patientinnen und Patienten mit auf den Weg in der Bewältigung ihrer jeweils ganz persönlichen Situation: Sich nicht verstecken, sondern sich mit eigenem Ausdruck und seinen Bedürfnissen zeigen.»
In diesem Sinne sieht auch Kunsttherapeutin Zoe Sanigar ihr Werk: «Ist das Kunst oder kann das weg? Nein, Kunst ist es nicht, aber ‚weg‘ soll es auch nicht.»
Wir finden: Auf keinen Fall weg, und: zeigt uns mehr!
Wer die Ausstellung besuchen möchte kann dies noch bis Ende Jahr im EG des Hauses B in der Barmelweid tun. Ausgestellt sind Werke von:
Ariane Reinhard
Marianne Tonn
Katharina Sandreuther
Yvonne Koch
Ulla Meier
Eliane Felber
Zoe Sanigar
Jörg Schumann