Covid-19: Warum Raucherinnen und Raucher stärker gefährdet sind

Von Martina Leser
Lesedauer: 3 Minuten

Corona ist noch immer ein Thema – auch fast sechs Monate nach dem Lockdown stecken sich Tag für Tag Menschen neu mit dem Coronavirus an. Wie Studien zeigen, haben besonders Raucherinnen und Raucher ein erhöhtes Infektionsrisiko und sie erleiden auch häufiger schwere Komplikationen. Weshalb dies so ist und wie der Rauchstopp genau jetzt gelingt? Susann Koalick, die Leiterin unserer Nikotinberatung, erklärts:

Susann Koalick, weshalb sind Raucherinnen und Raucher stärker gefährdet, schwer an Covid-19 zu erkranken?

Da muss ich zuerst etwas weiter ausholen: Wir wissen, dass das Suchtmittel Nikotin mit dem Inhalieren des Tabakrauchs sekundenschnell in unserem Gehirn aufgenommen wird und unter anderem Gefühle wie Angst, Stress oder Anspannung lindern kann. Das Nikotin löst eine erhöhte Ausschüttung von Dopamin, Serotonin und Adrenalin aus, wobei sich unser Gehirn sehr schnell an die überhöhte Hormondosis gewöhnt.  

Gleichzeitig schädigen die ca. 4800 Bestandteile des Tabakrauchs auch unsere Organe. Die meisten der Inhaltsstoffe sind so klein, dass sie beim Einatmen bis in die Lunge vordringen und auch das Immunsystem schwächen. Blausäure, auch in Schädlingsbekämpfungsmitteln wie Rattengift und Pflanzenschutzmitteln enthalten, ist genauso Teil des Tabaks wie Formaldehyd, das chronische Entzündungen der Atemwege verursacht.

Der körperliche Stress durch die Wirkung der Droge Nikotin, wie Bluthochdruck, erhöhter Puls, minderwertige Durchblutung und mangelnder Sauerstoff wird kaum wahrgenommen. An einen morgendlichen chronischen Husten haben sich viele Raucherinnen und Raucher gewöhnt. Die Schädigungen sind schleichend und werden häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium ernst genommen – meist stellen sich die Betroffenen erst dann damit beim Hausarzt vor. Viele Raucherinnen wissen von Schädigungen durch das Rauchen, aber oft hindert sie ein schlechtes Gewissen daran, ihren Hausarzt aufzusuchen, weil sie wissen, dass ihr Arzt empfiehlt, bei den ersten Anzeichen einer Lungen- oder Herzkreislauferkrankung das Rauchen zu stoppen.

Welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus für die Gefahr einer Covid-19-Erkrankung ziehen?

Dass es Zusammenhänge zwischen Rauchen und Infektionskrankheiten gibt, wissen wir schon lange. Raucher sind zum Beispiel gefährdeter, sich zu erkälten. Dies, da Raucher dem Körper bereits mit dem Tabakrauch giftige Stoffe zuführen und somit keine Schutzbarriere gegen Viren und Bakterien aufgebaut werden kann. Wer mehr darüber wissen will, sollte hier mal reinschauen: Ein Forscher-Team der Yale University (USA) hat intensiv Lungen- und Nasenzellen im Labor analysiert und diese einem Virus ausgesetzt, um eine Reaktion auszulösen.

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sich Raucherinnen und Raucher höchstwahrscheinlich auch schneller mit dem Coronavirus infizieren.

Zudem hat man beobachtet, dass an Covid-19 erkrankte Raucherinnen und Raucher oft schwerwiegende Verläufe erleiden. Als schwerer Verlauf zählt bei Covid-19 eine doppelseitige Lungenentzündung, die Aufnahme in die Intensivstation, die Notwendigkeit eines Beatmungsgeräts oder eine ausbleibende Besserung nach 14 Tagen.

Dies, da viele Raucherinnen und Raucher eine vorgeschädigte Lunge haben, richtig?

Genau. Zusätzlich zum schlechteren Immunsystem haben viele Rauchende Vorschädigungen an der Lunge, aber auch an den Bronchien. Covid-19 greift vor allem die Lunge an. Bisherige Forschungen zeigen eindeutig, dass Menschen mit Vorerkrankungen zu den besonderen Risikogruppen gehören.

Auch bezüglich Hygiene gibt es erhöhte Risiken für Raucherinnen und Raucher?

Stimmt. Wer raucht, führt oft die Hand zum Mund – viel öfter als Nichtrauchende das tun. Auch das erhöht das Risiko für eine Infektion mit dem Corona-Virus.  Die WHO betont zudem, dass Shishas aufgrund des häufig gemeinsamen Konsums mehrerer Personen die Ausbreitung des Virus begünstigt.

Wie sieht es bei E-Zigaretten-Rauchenden aus?

Auch sie sind mehr gefährdet, als Nichtrauchende, denn die Aerosole verteilen das Virus. In Nebelmaschinen konnte es auch drei Stunden später noch nachgewiesen werden. Das amerikanische Center of Diseases Control (CDC) hat davon berichtet, dass es in den USA unter den ernsthaft Erkrankten auch einen hohen Anteil jüngerer Erwachsener gibt: 40 Prozent – also in jener Bevölkerungsgruppe, die auch den meisten E-Zigaretten-Konsum aufweist.

Das klingt beunruhigend. Wie gelingt der Rauchstopp, falls sich Rauchende jetzt dazu entschliessen, aufzuhören?

Die Nikotinsucht und der körperliche Entzug sind nicht zu unterschätzen. Daher empfehle ich Nikotinersatzprodukte, welche in der ersten Zeit den Hunger nach Nikotin stillen können. So lässt sich das Vorhaben einfacher umsetzen und man kann gelassener an seinem Verhalten – und der grossen Verhaltensänderung – arbeiten.

Übrigens: Mit dem Rauchen aufhören erhöht die Lebenserwartung wieder (Raucherinnen und Raucher sterben durchschnittlich zehn Jahre früher) und kann einen Teil des durch das Rauchen verursachten Risikos wieder reduzieren.

Mit Blick auf die erhöhte Gefahr einer ernsten Erkrankung mit COVID-19 für Raucherinnen und Raucher hat die WHO eine neue Kampagne gegen die Nikotinsucht gestartet. Mit der Kampagne will die WHO möglichst vielen unter den weltweit etwa 1,3 Milliarden Raucherinnen und Rauchern Zugang zu Therapien und durch eine digitale Ansprechpartnerin namens Florence Rat und Hilfe geben. Mehr dazu finden Sie hier.

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