Prämierter Naturpark Barmelweid: Für mehr Biodiversität

Von Martha Brem und Martina Leser
Lesedauer: 5 Minuten

2007 hat der Verein Barmelweid anlässlich seines 100. Geburtstags entschieden, das 18 Hektaren grosse Gelände rund um die Klinik gezielt in einen Naturpark umzugestalten. Mit der Renaturierung im Zuge des Neubaus von Haus A 13 Jahre später konnte eine Fläche von etwa 6’500 Quadratmetern entsiegelt werden, was ungefähr der Grösse eines Fussballfeldes entspricht. Im März 2023 wurde der Naturpark Barmelweid vom Kanton Aargau mit dem zweiten Platz in der Kategorie «lokal» des Aargauer Naturpreises prämiert. Im Blogbeitrag erfahren Sie, wie es zum heutigen «Naturpark Barmelweid» gekommen ist.

2007 hat der Verein Barmelweid anlässlich seines 100. Geburtstags entschieden, das 18 Hektaren grosse – und damals rund um die Gebäude sehr betonlastige – Gelände gezielt in einen Naturpark umzugestalten. Um diesen Schritt verstehen zu können braucht es zunächst einen kurzen Blick zurück in der Geschichte der Barmelweid: Eingebettet in die Jura-Ausläufer am westlichen Rand des Kantons Aargau unterlagen die Gebäude und die Umgebung der Barmelweid seit ihrer Eröffnung 1912 einem stetigen Wandel.

Haben sich in den vergangenen 100 Jahren stetig gewandelt: Die Barmelweid und das Gelände darum herum.

Dieser äusserliche Wandel ist zum Grossteil mit dem Wandel innerhalb der Klinik zu erklären: Im Laufe der Jahre bewegte sich die Barmelweid weg vom ursprünglichen Tuberkulose-Sanatorium hin zu einer modernen Klinik, die heute nicht nur Pneumologie-Patientinnen und -Patienten behandelt, sondern auch Herzpatientinnen und -patienten, Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, Menschen mit Schlafproblemen sowie ältere Menschen, die teilweise auch Langzeitpflege benötigen.

Umbauten lange ohne zureichende Berücksichtigung der landschaftlichen Qualität
Je nachdem, wie der Bedarf – aufgrund des Behandlungsangebots in der Klinik – jeweils gerade aussah, wurden in der Vergangenheit Gebäude, die Infrastruktur und Strassen ergänzt oder umgebaut. Diese Um- und Neubauten wurden vor allem unter funktionalen Aspekten umgesetzt. Die landschaftliche Qualität wurde nur unzureichend berücksichtigt.

«So entstanden im Laufe des vergangenen Jahrhunderts verschiedene Gebäudekomplexe, grosse Parkplätze und zwischenzeitlich sogar Sportanlagen – die jedoch kaum Bezug zu den hochwertigen Natur- und Kulturlandschaften der Barmelweid aufwiesen», erklärt Manfred Hofmann, Leiter Services. Dies wollten Klinikleitung und Verein Barmelweid schliesslich ändern und der Verein initiierte 2007 den «Naturpark Barmelweid».

Architekturwettbewerb und Baustart
Als 2013 der Architektur-Projektwettbewerb zum Neubau des Hauptgebäudes ausgeschrieben wurde, war eine Bedingung, dass die Projekte jeweils einen Plan zur Renaturierung des Landschaftsraums beinhalten sollten. Als Siegerentwurf ging 2014 das Projekt «Oscar» hervor, welches den heutigen «Naturpark Barmelweid» beinhaltete.

Zwei Jahre später, 2016, begann die Umsetzung von «Oscar». Manfred Hofmann erklärt: «Im Sommer fuhren die grossen Baumaschinen auf und begannen mit dem Aushub für das neue Bettenhaus A. 34‘000 Kubikmeter Erde mussten dafür bewegt werden». Im Oktober 2017 erreichte der Bau seine definitive Höhe, im Februar 2018 war der Rohbau abgeschlossen. Fertiggestellt wurde der Bau 2021, sechs Jahre nach Baubeginn.

So sah das erste Modell des Siegerprojekts «Oscar» aus.

Mit dem neuen Bettenhaus kommt auch der erweiterte Naturpark
Während sich das neue Bettenhaus in die Höhe schraubte, begannen unter der Leitung der Bryum GmbH auch die Arbeiten am Areal. Südlich der Klinikgebäude legte das Bryum-Team ortstypische extensive Wiesen- und Weidelandschaften an, wobei am Böschungshang seltene und besonders trockenheitsresistente Gräser und Kräuter gepflanzt wurden.

In der Übergangszone zum anschliessenden Waldgebiet legte das Team einen struktureichenen Waldrand mit Bäumen und Sträuchern an, der durchgängig eine Breite von 20 bis 50 Meter aufweist. Oberhalb des Böschungshangs – entlang des Panoramawegs –setzte das Team neu eine Streuobstwiese, in der ausschliesslich Obstgehölze aus ProSpecieRara-Sorten wachsen. Auch in den Gemüsegärten, den sogenannten «Pflanzblätzen», finden sich seit dem Neubau seltene Gemüsekulturen von ProSpecieRara.

Der neue Therapiegarten mit der grossen Waldföhre.

«Insgesamt wurden 440 Bäume und Sträucher in mehreren Etappen rund um die Barmelweid gepflanzt, wobei das Herzstück eine über 40 Jahre alte und 5,2 Tonnen schwere Waldföhre ist», sagt Daniel Baur, Mitglied der Geschäftsleitung der Bryum GmbH. Im Rahmen des Projektes «Rundum Barmelweid» entstand zudem der Themenweg «Kraut und Rüben», der den Besucherinnen und Besuchern wichtige Aspekte des Naturparks näherbringt.

Ein Fussballfeld weniger Beton und Förderung artenreicher Landschaftstypen
Bereichsübergreifend wurden weitere wichtige Habitate wie Trockensteinmauern, Lehmlinsen, Lesestein- und Totholzstrukturen bewusst als Gestaltungsmittel in der Landschaft eingesetzt. Ganz wichtig dabei: Alle Habitate wurden ausschliesslich aus lokalen Materialien hergestellt.

Die Lesestein- und Totholzstrukturen stellen den Lebensraum, Rückzugsort und Brutplatz für Wildbienen, Meisen und Mauerechsen dar und bilden gleichzeitig die Grundlage für Wildheckenstrukturen. Die Lehmlinsen fördern die Besiedelung von verschiedenen Eidechsen- und Krötenarten, denn sie finden hier optimale Bedingungen für ihren Laichplatz. Die Vögel wiederum nutzen diese Orte als Trinkstellen und Badeplätze.

Daniel Baur erklärt: «Mit dem Naturpark fördert die Barmelweid gezielt artenreiche Kultur-Landschaftstypen, die heute zum Teil durch moderne Bewirtschaftungs-Methoden in der Land- und Waldwirtschaft kaum mehr vorkommen und damit – leider – nur noch einen Nischencharakter aufweisen». Insgesamt konnte so gegenüber der ursprünglichen Situation eine Fläche von etwa 6’500 Quadratmetern entsiegelt werden, was ungefähr der Grösse eines Fussballfeldes entspricht.

Auf dieser Fläche und weiteren 7’500 Quadratmetern können sich seit der Renaturierung vitale Boden- und Vegetationsstrukturen entwickeln, welche die Lebensgrundlage für ein vielfältiges Ökosystem bilden. Die Barmelweid hat insgesamt 4 Millionen Franken in den Naturpark und die Klinikumgebung gesteckt.

Vorreiterrolle der Barmelweid und Dank an die Steuergruppe
Mit der Umsetzung des Projekts ist die Klinik zu einem wichtigen Akteur in der Wissensvermittlung über den Natur- und Kulturraum Barmelweid, sowie den Erhalt und den Ausbau von Biodiversität geworden. Zudem haben die räumlichen und landschaftlichen Qualitäten eine überregionale Strahlkraft: Die Barmelweid ist ein beliebtes Ziel für Erholungssuchende aus der Region und darüber hinaus, die hier in Berührung mit besonders artenreichen Vegetations- und Biotopstrukturen kommen und den Wert ökologischer Vielfalt geniessen können.

Im Frühling 2023 ist der Naturpark Barmelweid beim «Aargauer Naturpreis» mit dem zweiten Platz in der Kategorie «Lokal» prämiert worden. Mit dem Aargauer Naturpreis zeichnet der Kanton Aargau die innovativsten Projekte zur Förderung der Biodiversität aus.

Freuen sich über den 2. Preis in der Kategorie «lokal» (v.l.n.r.): Ludger Krabbe (Bryum GmbH), Barmelweid-Verwaltungsratspräsident Dr. Daniel Heller und Daniel Baur (Bryum GmbH).

Das Projekt «Naturpark Barmelweid» konnte nur mit Unterstützung tatkräftiger Partnerinnen und Partner umgesetzt wurden. Ein spezieller Dank geht dabei an die «Steuergruppe Naturpark Barmelweid», in der die folgenden Institutionen vertreten sind:

Bryum GmbH Landschaftsarchitektur
Forstbetrieb Jura
Naturama Aargau
Stiftung ProSpecieRara

Biodiversität – was ist das eigentlich?
Biodiversität bedeutet nichts anderes als «biologische Vielfalt», also die Fülle unterschiedlichen Lebens in einem bestimmten Landschaftsraum oder in einem geographisch begrenzten Gebiet. Biodiversität kann dabei in drei Hauptbereiche eingeteilt werden:

• Vielfalt der Ökosysteme (Lebensräume wie Wasser, Wald, alpiner Raum)
• Vielfalt der Arten (Tiere, Pflanzen, Pilze, Mikroorganismen)
• Vielfalt der Gene (Rassen oder Sorten von wildlebenden und genutzten Arten)

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