«So lange auf so engem Raum unterwegs zu sein, war nicht immer ganz einfach»

Von Roland Ris und Martina Leser
Lesedauer: 6 Minuten

Roland Ris hat Ende 2019 seinen sicheren Job in der IT auf der Barmelweid aufgegeben, um mit seiner Familie auf dem eigenen Segelschiff auf Reisen zu gehen. Im Frühling 2020 sollte es losgehen, doch Corona machte der Familie zunächst einen Strich durch die Rechnung. Mit einem Jahr Verspätung, im März 2021, ging es dann endlich los. Eineinhalb Jahre war Familie Ris im Mittelmeer unterwegs. Im Blog erzählt er mehr über die Route und die Herausforderungen, welche der Segelalltag mit sich gebracht hat.

Ende 2019 hat Roland Ris seinen sicheren Job in der IT auf der Barmelweid an den Nagel gehängt, um mit seiner Familie auf dem eigenen Segelschiff – auf den Namen «RISLING» getauft – auf Reisen zu gehen. Eigentlich wollte Familie Ris verschiedene Mittelmeerregionen bereisen und danach in Richtung Karibik weitersegeln, doch die Corona-Pandemie und die Wetterverhältnisse sorgten dafür, dass die Reise etwas anders verlief als ursprünglich geplant. «Obwohl wir die Reise nicht so durchführen konnten, wie wir sie geplant hatten, war sie schlussendlich perfekt für uns und hat unsere Familie sehr zusammengeschweisst», erklärt Roland Ris.

Waren über ein Jahr auf der RISLING unterwegs: Familie Ris.

Im Blogbeitrag nimmt er uns mit auf seine Reise und erzählt, welche schönen und welche herausfordernden Seiten die Segelreise mit sich gebracht hat.

Ungeplante Verspätung durch Corona
Eigentlich sollte die Reise im Frühling 2020 losgehen – Roland hatte per Ende 2019 gekündigt, um die Route mit seiner Frau Dagmar und seinen Kindern Phillip, Julia und Florian (damals 7, 9 und 11 Jahre alt) zu planen – doch Anfang März 2020 wurde klar, dass die Familie nicht wie geplant lossegeln konnte: Corona trieb sein Unwesen und die Grenzen waren vielerorts dicht. Und so suchten Roland und Dagmar sich Überbrückungsjobs, um über die Runden zu kommen.

«Das war keine einfache Zeit», erinnert sich Roland, «wir waren mit den Gedanken natürlich schon auf der Segelreise und das Warten und die vielen Ungewissheiten auszuhalten war sehr kräftezehrend». Das Warten hatte aber auch etwas Gutes: Dagmar und Roland hatten endlich Zeit, um mal richtig auszumisten – es habe sich fast so angefühlt vor einer grossen Züglete, wie Roland schmunzelnd erzählt. Nachdem die ersten Corona-Wellen aber überstanden, das Haus aufgeräumt und die Reisebestimmungen langsam wieder lockerer waren, wollte Familie Ris nicht mehr länger warten. Und so brach sie im März 2021 in ihr Abenteuer auf, in Richtung Finike in der Türkei.

«Aussergewöhnlich freundliche Leute in der Türkei»
In den ersten beiden Monaten segelte Familie Ris von Finike her nordwärts der türkischen Küste entlang – zusammen mit einer australischen Familie, welche sie gleich zu Beginn kennengelernt hatten. «Die Leute in der der Türkei sind wirklich sehr cool», sagt Roland Ris, «sie sind superfreundlich und wir haben uns überall sehr willkommen gefühlt».

Dass Familie Ris zusammen mit Australiern unterwegs war, stellte sich schnell als sehr positiv heraus: Die Kinder lernten in Windeseile Englisch. «Es war wirklich erstaunlich, wie schnell die Kinder fast perfekt Englisch lernten – aber sie wollten natürlich auch mit den australischen Kindern spielen, da war die Motivation ganz von alleine da», freut sich Roland. Während der Segeltour war für die Kids Homeschooling angesagt – was sich zeitweise als herausfordernd darstellte, gab es doch so viel anderes Spannendes zu erleben auf der Reise! Dafür konnten sich die Kinder auf dem Schiff in vielerlei Hinsicht kreativ ausleben, was Roland als sehr wertvoll in Erinnerung geblieben ist.

Malta oder Albanien?
Eigentlich sollte die Reise dann nach Griechenland weitergehen, aber die griechischen Grenzen blieben coronabedingt weiterhin zu. Und so hiess es für Familie Ris, welche die Türkei aus visumsgründen verlassen musste: Weiter nach Malta oder nach Albanien segeln? «Schliesslich waren die Winde besser in Richtung Albanien», erklärt Roland, «beim Segeln sind sehr viele Entscheide wetter- und windabhängig, das ist normal». Und so ging es nach Albanien weiter – eine ganze Woche lang waren sie Tag und Nacht unterwegs, da sie auf griechischem Boden nirgends anlegen durften.

So lange auf so engem Raum unterwegs zu sein, war nicht immer ganz einfach: «Auf der Reise sind wir immer wieder mal an unsere Grenzen gekommen und die Kinder wollten einige Mal nach Hause – doch am Ende haben wir uns immer wieder als Team zusammengefunden und konnten weitermachen, das hat uns sehr zusammengeschweisst als Familie», erklärt Roland. Hilfreich sei gewesen, dass die Hierarchie an Bord jederzeit klar gewesen sei, dass sie sich an routinierte Abläufe gehalten hätten und defensiv gefahren seien – also keine unnötigen Risiken eingegangen seien. So sei es beispielsweise auch möglich gewesen, dass Florian, der älteste Sohn, sogar nachts jeweils für einige Stunden das Steuer – und damit die Führung – übernommen habe.

Zurück an den Ort, wo alles begann
In den kommenden Monaten gab sich Familie Ris viel Zeit, um Albanien, Montenegro, Teile von Kroatien und das italienische Adriagebiet bis hinunter nach Sizilien sowie die Ostküste von Sardinien zu erkunden. «Besonders in Erinnerung geblieben sind mir beispielweise die Ausflüge auf den Ätna zu den Lavaströmen und auf die Liparischen Inseln», erzählt Roland, «auch den Kindern haben diese Ausflüge sehr gefallen, es war eine sehr entspannte Zeit. Leider wurde es dann langsam Herbst und das Wetter schlechter und so mussten wir uns überlegen, wo wir überwintern wollten». Der Plan, in die Karibik weiter zu segeln, musste Familie Ris in dieser Zeit schweren Herzens aufgeben: Ihr Reisetempo dorthin hätte sehr hoch angesetzt werden müssen – zu hoch, wie die Familie fand.

Auf der Suche nach einem passenden Überwinterungsplatz wurde Familie Ris im November 2021 schliesslich im Osten Sardiniens, in Arbatax, fündig: In der Werft von Massimo Valdes konnten sie die «RISLING» einstellen und fassten schnell den Entschluss, das Segelschiff während der Winterpause zu sanieren. Auf Sardinien kehrten Dagmar und Roland auch an denjenigen Ort zurück, an dem sie sich 16 Jahre zuvor – ebenfalls auf einem Segelschiff – kennen- und lieben gelernt hatten: nach Olbia. «Das war ein sehr bewegender Moment für uns», erklärt Roland, «denn unsere gemeinsame Geschichte hat dort begonnen».

Die «RISLING» wird saniert
Während ihrer Zeit in der Werft in Arbatax brachte Familie Ris das Schiff auf Vordermann, unternahm verschiedene Ausflüge auf der Insel und fasste den Entschluss, im Sommer 2022 noch einige Wochen im Mittelmeer, zu dem südlichen Teil Sardiniens weiter zu segeln, bevor es dann nach Hause in die Schweiz gehen sollte. Roland wäre gerne noch bis in den Herbst hinein gesegelt, aber weil Dagmar Primarlehrerin ist, wollte sie aufs neue Schuljahr hin wieder zurück in der Heimat sein. 

An der «RISLING» gab es richtig viel zu tun – Gummimatten des Decks abkratzen, Rumpf abschleifen und grundieren, Schweissnähte verschweissen, undichte Stellen am Dieseltank und Unebenheiten auf dem Deck beseitigen, und, und, und – zum Glück konnte Familie Ris bei Fragen auf die Hilfe des Werftleiters Massimo zählen, der mit Rat und Tat zur Seite stand. So zogen die Wochen und Monate ins Land, bis Anfang Juni dann endlich die letzten Arbeiten am Schiff fertig waren und Familie Ris noch einmal in See stechen konnte.

Nach knapp zwei Jahren: Zurück auf der Barmelweid
Die letzten Wochen auf dem Mittelmeer verflogen im Nu und Mitte Juli brachte Familie Ris die «RISLING» schweren Herzens zurück in die Werft zu Massimo, wo sie seither auf neue Abenteuer wartet. «Für mich ist klar, dass ich wieder segeln gehen möchte, sicher wieder mit Dagmar, wenn sie es auch will, aber in Zukunft wohl eher kürzere Routen und irgendwann dann wohl auch ohne die Kinder», sagt Roland. Fernweh hat er aber sehr, das konnte ihm bisher auch seine Arbeit, zurück auf der Barmelweid, nicht nehmen.

Dass Roland wieder zurück in der IT auf der Barmelweid ist, war so nicht geplant – aber wie es manchmal so ist: Plötzlich geht da wieder ein Türchen auf, wie man so schön sagt. Auf der Barmelweid ist Roland für die Telekommunikation und die dienstbasierte Telefonie zuständig und unterhält unter anderem 400 Handys und 200 Softphones unserer Mitarbeitenden. Er kümmert sich um die effiziente Behebung von Störungen, um die Applikationen auf den Telefonen und hat das Gerätemanagement unter sich. Er sagt: «In meinem Bereich geht die Arbeit nie aus, es gibt immer wieder Anfragen und Störungsmeldungen und alle brauchen nur eines: eine schnelle Lösung des Problems».

Wann Roland wieder Zeit hat, um mit der «RISLING» auf Reisen zu gehen, das weiss er aktuell noch nicht. Was ihm aber in der Zwischenzeit wenigstens ein wenig das Gefühl von Freiheit vermittelt, ist sein anders Hobby, das Gleitschirmfliegen. Wer in die Reise von Familie Ris eintauchen möchte, der kann dies unter www.familieris.ch tun – es sind Wochenberichte mit Fotos und Kurzvideos online.

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